Das ganze 15. Jh. hindurch hatten die Naalicher Belästigungen durch Hussiten und ähnliches Pack hinnehmen müssen, deren unhöfliche Art es war, die unbescholtenen Bürger beim Bergbau, Holzfällen, Biertrinken und anderem Tagwerk zu unterbrechen. Manchmal kam dieses Gesindel sogar auf die Idee, die Stadt anzuzünden, was von den Naalichern als ziemlich unnötig angesehen wurde, war man doch selbst so talentiert darin und als Ozünder überall bekannt.
Nachdem man sich gut hundert Jahre verständnisvoll gegenüber den seltsamen Hobbies der Hussiten gezeigt hatte, gründeten die vom ständigen Stadtwiederaufbauen entnervten Bürger eine Institution zum Schutz des Ozünder-Monopols („Wenn jemand meine Stadt anzündet, dann ich!“), die sogenannte Landwehr. So fand man sich jeden Sonntag zum Schießtraining ein, um marodierende Räuberbanden auf andere Gedanken zu bringen. Diese Maßnahme zeigte durchaus Wirkung, jedoch sah sich der Naalicher bald vor das Problem gestellt, dass er durch das Training auf seine liebste Beschäftigung, das sonntägliche Biertrinken, verzichten musste. Die pragmatisch denkende Stadtbevölkerung fand aber auch für diese Unanehmlichkeit eine Lösung: Man nahm einfach sein Bier mit ins Schießhaus. Darunter litt zwar die Treffsicherheit, aber es machte die Pflichtstunden am Schießstand um einiges geselliger.
Die Geselligkeit und die Freude am Schießen rückte in den friedlichen Jahren immer mehr in den Vordergrund, während die Verteidigung der Stadt eher zweitrangig wurde. Als dann Anfang des 19. Jahrhunderts in Preußen die Berufsarmee eingeführt wurde, wollte man schließlich nicht mehr auf das gemeinsame Trainieren verzichten und so gründete man im Jahre 1823 einen Schützenverein.
Da Regen dem fröhlichen Beisammensein und der Funktionsfähigkeit des Schwarzpulvers in hohem Maße abträglich ist, erichtete man ein Schießhaus samt Schießmauer und Vogelstange.
Um den Geselligkeitsfaktor weiter anzuheben, wurde sogar eine Kegelbahn gebaut. Als man jedoch bemerkte, dass das Schießen nun endgültig zu kurz kam, wurde diese wieder verkauft. Insgesamt gesehen waren es für den Verein jedoch goldene Zeiten, zumindest bis zum Jahr 1859, als der Kassier ein großes, schwarzes Loch in der Vereinskasse bemerkte. Schwarze Löcher haben normalerweise die unangenehme Eigenschaft Licht zu verschlingen, aber das in der Vereinskasse bevorzugte lieber Bargeld, was die Laune der Mitglieder merklich drückte. Genau in diesem unpassenden Augenblick besann sich dann auch noch jemand seiner Wurzeln und zündete mal wieder die Stadt an. Die Schützen standen vor dem Aus, man erwog die Auflösung.
Doch dann die Rettung – man erinnerte sich daran, dass es in Naila noch weitere Vereine mit ähnlichen Zielen gab. Die meisten Übereinstimmungen fand man bei der 1848 gegründeten Bürgergesellschaft und nicht nur das – da sich die Bürgergesellschaft hauptsächlich aus der besser betuchten Bevölkerung zusammensetzte, hatte sie auch noch das nötige Kleingeld.
Also tat man zusammen, was zusammen gehört: Bürger und Schützen, Geld und Kasse. In einer großen Generalversammlung fusionierten beide Vereine am 28. Mai 1876 zur Bürger- und Schützengesellschaft. Die BSG Naila 1823 e.V. war geboren.
1890 brannte es dann schon wieder, diesmal jedoch nur das Schießhaus. Leider fand gerade zu diesem Zeitpunkt das jährliche Vogelschießen (der Vorgänger des Schützenfestes) statt, weshalb leider niemand zur Rettung des Holzhauses fähig oder willig war. Man feierte einfach weiter und erfreute sich daran, dass das Fest um ein Lagerfeuer erweiter worden war.
1911 bezog die BSG das heutige Schützenhaus an der Kronacher Straße, damals noch im Grünen gelegen. Der 1. Weltkrieg bekam dem Verein nicht sehr gut, viele der Vereinsmitglieder fielen. Auch die darauf folgende, geniale Finanzpolitik des Deutschen Reiches konnte daran nichts ändern: Das Geld des Vereins vermehrte sich zwar, jedoch konnte man davon kaum noch Munition kaufen, geschweige denn ein Schützenfest ausrichten. Trotzdem können im Jahr 1922 die Gaststätte und 1932 die Festhalle errichtet werden.
1933 kam dann Hitler an die Macht und im Verein hieß der Vorstand nicht mehr Vorstand sondern Vereinsführer. Bis 1947 Erfahren wir nur noch wenig über unseren Verein.
Im Jahr 1947 wurde der Verein dann wiedergegründet, aber zuerst als reine Bürgergesellschaft, da Schützenvereine am Anfang noch durch die Amerikaner verboten waren. In dieser Zeit wird aufgrund des Schießverbots durch die Besatzer auch wieder sehr viel mehr Wert auf gemütliches Beisammensein gelegt. 1952 wird der Verein wieder BSG, zu dem Zeitpunkt mit etwa 400 Mitgliedern. 1969 gab es dann endlich wieder einen Anlass zum Feiern, Friedrich Häßler wird deutscher Meister mit der SpoPi. Am 1. Juli 1973 wird das 150-jährige Jubiläum mit einem großen historischen Umzug gefeiert, bei dem die Schützen sich mächtig ins Zeug legten, um alle Epochen des Vereins darzustellen. Doch nur zwei Jahre später stürzt der Verein in eine tiefe Krise: Alle feiern und schießen zwar gerne, aber niemand fühlt sich dazu berufen, den alternden Vorstand Richard Spörl abzulösen. Dieser beantragt aus diesem Grund schließlich sogar die Auflösung unseres traditionreichen Vereins.
Davon aufgerüttelt von ihren Stammtischen folgen ihm nacheinander die Schützen Wolfgang Schramm, Richard Stumpf, Franz Wohn und Hannsjürgen Lommer als Vorstände nach. 1983 wird dann die heute wohl erfolgreichste Sparte des Vereins geboren: Die Bogenschützenabteilung. Da man vom allabendlichen Zusammensein, sowie dem Pulverdampf im Schießtunnel Kopfschmerzen zu beklagen hatte, begab sich der Vater der Sparte, Franz Urban, zusammen mit 10 weiteren schon aktiven Schützen regelmäßig ins Freie, um mit Pfeil und Bogen zu trainieren. Im Winter suchte man Zuflucht in den Schulen der Stadt, um auch während der kalten Jahreszeit schießen zu können. Die Früchte des vielen Trainings waren beträchtlich, nicht nur das keine angeschossenen Schüler beim Schießen in den Schulen zu beklagen waren, nein, man schaffte es sogar bis zur Deutschen Meisterschaft. Die wichtigsten Namen dieser Epoche, die rund 15 Jahre wärte, sind Baumann, Hensel und Gallus. Doch dieser neueste Spross des Vereins drohte schon bald wieder zu verkümmern, obwohl er doch so oft im Vereinsheim begossen wurde.
Die so erfolgreichen Bogenschützenmussten sich leider alle bis 1998 aus alters- und gesundheitstechnischen Gründen vom Sport zurückziehen. Sie belebten zwar noch das Vereinleben, die Sparte Bogenschießen lag jedoch darnieder.
1998 war auch aus anderen ein Schicksalsträchtiges Jahr für den Verein. Zum einen wurde das 175-Jährige Vereinsjubiläum begangen, zum anderen ging es spätestens ab diesem Zeitpunkt mit dem Verein stetig bergab, einfach deshalb weil das Engagement der Mitglieder ausblieb. So wurde auch 2001 das bisher letzte Schützenfest abgehalten. Einen Silberstreif am Horizont stellt seit 2001 wieder die Bogensparte dar. Andreas Tautenhahn ein engagierter Schütze aus Marktredtwitz zog nach Naila und wechselte zur BSG. Er übernahm die Leitung der Bogensparte, die seitdem stetig wächst und vor allem im Jugendbereich große Fortschritte macht.
Geschrieben von: Maximilian Vogel